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20. April 2020

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Das Innovative Bauprojekt „Neue Höfe Dürwiß“

Am 12. März hat eine Delegation aus Eupen das Projekt in Eschweiler besuscht.

Unser Besuch

Am 12. März hat eine Delegation aus Eupen die Stadt Eschweiler und das innovative Bauprojekt „Neue Höfe Dürwiß“ besucht. Mitglieder des Stadtrats, der Verwaltung und des KBRM (Kommunaler Beratungsausschusses für Raumordnung und Mobilität) sind gemeinsam mit einem Bus bis zum Rathaus in Eschweiler gefahren, wo sie vom Bürgermeister Rudi Bertram und einige seiner Mitarbeiter und Kollegen empfangen wurden.

Im Ratssaal wurde dann das Projekt „Neue Höfe Dürwiß“ vorgestellt. Dieses wurde 2012 mit einem städtebaulichen Wettbewerb ins Leben gerufen. Ziel war es damals, bei den Bauprojekten nicht nur energieeinsparende Maßnahmen zu berücksichtigen, sondern den ganzen Lebenszyklus des Gebäudes zu beachten. Mit dem sogenannten „Faktor X“ sollte nicht nur ökologisch sondern auch ressourceneffizient gebaut werden. Das Projekt wurde durch viele Infoabende begleitet, um die Bevölkerung und interessierte Bauherren zu informieren.

2015 stand dann der definitive Bebauungsplan. Die Grundstücke wurden den Bauherren nur nach gewissen Kriterien vergeben. Die Bebauungen mussten über ihren gesamten Lebenszyklus mindestens 50% weniger Ressourcen als ein klassischer Neubau verbrauchen. Der Bau durfte erst nach der Freigabe durch ein Fachgremium beginnen. Mittlerweile ist ein Großteil der Bauprojekte abgeschlossen. Innovativ musste man auf jeden Fall sein: so steht zum Beispiel in Eschweiler das erste Gebäude in Nordrhein-Westfalen, das mit recyceltem Beton gebaut wurde. Mit diesem Projekt hat die Stadt Eschweiler sogar den nationalen Wettbewerb „Klimaaktive Kommune 2019“ gewonnen und somit neue Maßstäbe im Bereich des nachhaltigen Bauens gesetzt. Auch in Zukunft sind ähnliche Bauprojekte in Eschweiler und den Nachbargemeinden geplant. Abgerundet wurde der Nachmittag mit einem Besuch der Neuen Höfe Dürwiß.

Für die Besucher aus Eupen war es auf jeden Fall ein sehr interessanter Nachmittag. Momentan wird in Eupen überlegt, inwiefern die Vorgehensweise „Faktor X“ beim Neubau der Gemeindeschule in Kettenis berücksichtigt werden kann.

Faktor X: Was ist damit gemeint?

Der Klimawandel und der sparsame Umgang mit den natürlichen Ressourcen unseres Planeten sind die großen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Der Bau- und Wohnbereich trägt einen großen Anteil an den Treibhausgasemissionen und am Ressourcenverbrauch weltweit. Um die Klimaziele zu erreichen braucht es daher umwelt- und ressourcenschonende Alternativen.

Die meisten Menschen denken dabei an energiesparende Passivhäuser und effiziente Heiztechnologien, mit denen sich der Energieverbrauch eines Gebäudes senken lässt. In der Tat verbrauchen die Neubauten der vergangenen Jahre durch den Einsatz von Gebäudedämmung und effizienteren Heizsystemen nur noch rund 20% der Energie eines Gebäudes aus den 1970er Jahren.  Ist das Ziel des umweltverträglichen Bauens damit erreicht? Nein, denn der Energieverbrauch eines Gebäudes in der Nutzungsphase ist nur ein Teil der Lösung. Die Nutzungsphase stellt im Verhältnis zum Gesamtenergie- und Ressourcenverbrauch von Rohstoffabbau, Transport der Baustoffe, Hausbau, Rückbau und Recycling lediglich einen kleinen Anteil dar (siehe Abbildung).

 

Faktor X hat dies erkannt und zeichnet sich dadurch aus, dass der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt wird. Es werden also Energie- und Ressourcenverbrauch vom Rohstoffabbau bis zum späteren Rückbau und Recycling des Gebäudes betrachtet.  Durch die Berücksichtigung von Transportwegen, Recyclingpotenzial, Energieaufwand und emittierten Treibhausgasen kann ein solches Gebäude nicht nur einige Prozent, sondern ein Vielfaches der Emissionen und Rohstoffe im Vergleich zu einem Gebäude mit herkömmlichen Baustoffen einsparen. Benötigt ein Gebäude nur die Hälfte der Ressourcen eines vergleichbaren Gebäudes in herkömmlicher Bauweise, spricht man von einem Faktor 2 – Gebäude.

In der Praxis wird dies beispielsweise durch den Einsatz von regionalen Baustoffen und einer intelligent geplanten Architektur, die besonders langlebig und wartungsfreundlich konstruiert ist, erzielt. So kann für das Fundament statt Kies auf Recyclingmaterial zurückgegriffen werden. Anstelle von Betongeschossdecken können Leichtbaudecken aus Holz eingezogen werden. Bis zu 50% der Kiesmenge für Beton kann durch den Zuschlag von Recyclingmaterialien eingespart werden. Die Dämmung im Dach und den Geschossdecken kann aus Zellulose-Fasern oder anderen nachwachsenden Baustoffen erfolgen. Somit müssen keinerlei Kompromisse in Design oder Ästhetik gemacht werden, denn eine weitere Besonderheit der Faktor  X – Philosophie ist, dass die Gebäude sich im Aussehen nicht signifikant von herkömmlichen Bauten unterscheiden. Auch aus finanzieller Sicht ist die Anwendung der Faktor X – Kriterien nur unwesentlich teurer.

Faktor X steht also für klima- und ressourcenschonendes Bauen durch das Befolgen eines ganzheitlichen Ansatzes, welcher die bewährten Konzepte des energiesparenden Bauens und Sanierens hinsichtlich des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes optimiert. Dadurch eröffnen sich große, bislang ungenutzte Einsparpotenziale.

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Info

Die Faktor X – Agentur stellt ein Online-Tool zur Verfügung, welches die Ressourceneffizienz eines Bauvorhabens durch die Eingabe der einzelnen Baustoffe berechnet. Das Tool ist einfach aufgebaut und soll auch für den bauinteressierten Nicht-Fachmann leicht zu bedienen sein.

Webseite https://kurt.faktor-x.info/

Einige Bilder von unserem Ausflug