21. Juli 2017 – Rede von Herrn Bürgermeister Karl-Heinz Klinkenberg zum Nationalfeiertag

Sehr Frau Ministerin Weykmans,
sehr geehrter Herr Gemeinschaftssenator Lambertz für das Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft,
verehrte Schwestern Franziskanerinnen von der Hl. Familie,
werte Ehrengäste,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

als Bürgermeister freue ich mich, ebenso wie meine Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates sowie der Verwaltung, Sie heute im Rathaus zum Nationalfeiertag willkommen zu heißen. Dass Sie wiederum so zahlreich erschienen sind, ist in meinen Augen ein starkes Zeichen für Ihre Freundschaft und Solidarität mit unserem Land und mit der Stadt Eupen.

Mein besonderer Dank gilt natürlich Herrn Dechant Schmitz für das Tedeum in der Pfarrkirche. Wieder einmal haben er und seine Pfarrerkollegen Tomczak und Popescu die richtigen Worte gefunden.

Traditionsgemäß ist der Tag an dem wir der Gründung Belgiens gedenken, auch ein Tag an dem wir uns Gedanken machen über den Zustand unseres Landes, über den Weg den wir zurückgelegt haben, und vor allem über den Weg, der vor uns liegt.

Wenn man derzeit die Zeitungen liest und Nachrichten schaut, dann gewinnt man unweigerlich den Eindruck, dass in der Welt zurzeit einiges aus den Fugen geraten ist. Hasardeure und Despoten haben wichtige Entscheidungspositionen inne oder sind sogar Staatsoberhäupter.

Auch in unserem Land läuft nicht alles rund. Bekanntlich wurde vor anderthalb Monate auf Regierungsebene in Namur und Brüssel der sogenannte „Stecker“ gezogen. Nach schier endlosen Verhandlungen hat man noch immer nicht zu einer regierungsfähigen Mehrheit gefunden.

Leider hat das Misstrauen gegenüber Politik und Politikern durch eine Reihe von Affären erschreckende Ausmaße angenommen. Offensichtlich hat die Politik das inzwischen auch erkannt und der Wille für eine neue Politikgestaltung scheint zumindest erkennbar zu sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich denke, was dem Ansehen der Politik am meisten schadet, ist die weit verbreitete Enttäuschung darüber, dass politische Entscheidungen nicht immer von den strengen ethischen Grundsätzen geleitet werden, deren Befolgung man vom Bürger erwartet. Die Ethik richtet sich nämlich an das Gewissen und die Politik an die Vernunft.

Und nichts stärkt das Vertrauen der Menschen mehr als die Übereinstimmung von Wort und Tat. Das ist der einfachste Weg, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen und der ist beileibe schwer genug: Sagen, was man tut, und tun, was man sagt!

Ja, wer etwas zu kritisieren hat in unserem Land, in unserer Stadt, der soll das tun. Wer aber etwas verändern will, der muss etwas tun. Er muss sich einmischen, muss mitarbeiten, muss Verantwortung übernehmen.

Ich appelliere deshalb an alle Bürgerinnen und Bürger, sich mehr denn je in und für die Belange der Stadt einzusetzen und sich auch politisch zu engagieren. Wenn wir unsere Zukunft menschlich gestalten wollen, dann brauchen wir nämlich zweierlei: Vertrauen in die, die Verantwortung tragen und auch die Bereitschaft, selber Verantwortung zu übernehmen.

Neue Wege des Dialogs mit dem Bürger beschreitet die Stadt Eupen ihrerseits mit ihrem Viertel-Initiativ-Programm. Ausgehend von den bisher äußerst positiven Erfahrungen in verschiedenen Stadtvierteln beabsichtigen wir, die Bevölkerung weiter aktiv in Projekte miteinzubeziehen. Dies können sowohl längerfristig angelegte Initiativen als auch einzelne Aktionen sein.

Aktiv beteiligen sollten die Bürgerinnen und Bürger sich auch an städtebauliche Planungen; im Rahmen von Workshops zum Beispiel.

Packen wir also die Aufgaben gemeinsam an, denn ich bin zuversichtlich, dass wir für die Herausforderungen der Zukunft gut gerüstet sind, um Eupen noch lebenswerter zu machen.

Werte Gäste,

unser Nationalfeiertag ist ein Tag des Friedens, der Freiheit und der Demokratie. Und da dies Werte sind, die immer noch die überwältigende Mehrheit unserer Landsleute verbindet, ist der 21. Juli ein Tag, der das Gemeinsame und unsere Verantwortung in den Vordergrund stellt.

Es gäbe noch manche Gemeinsamkeit, die wir uns am Nationalfeiertag besonders ins Gedächtnis rufen sollten. Z. B. unsere Verantwortung für die sozial Schwächeren; für diejenigen, die am Rande unserer Gesellschaft leben. Es ist eine alte, aber wichtige Beobachtung: Die Qualität einer Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit den Schwächsten in ihrer Mitte umgeht.

Ich denke, wir haben allen Grund stolz auf das Erreichte in unserem Land zu sein. Schon alleine deshalb, weil wir besser sind, als wir oft meinen. Ob Flamen, Wallonen, Brüsseler oder Ostbelgier. Belgien ist ein schönes Land mit großer Vielfalt. Vor allem aber:

• wir haben eine vitale Demokratie
• wir leben in einem respektablen Wohlstand
• Belgien nimmt Rücksicht auf die verschiedenen Sprachen und Kulturen
des Landes – selbst wenn einige Politiker damit gelegentlich immer noch
ein Problem haben.

Trotz aller Meinungsumfragen und Miesepetermacherei hat der Großteil der Belgier weiterhin den Willen, einander zuzuhören, aufeinander zuzugehen. Kurz: Das Gemeinsame über das Trennende zu stellen.

Das ist überhaupt nicht selbstverständlich und verlangt unser tagtägliches Engagement.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

die ostbelgischen Interessen müssen in Eupen, Lüttich, Namur und Brüssel immer wieder vorgetragen und mit Herzblut verteidigt werden. Unsere Gemeinschaft ist zwar eine kleine, aber äußerst solide Säule Belgiens. Und diese Säule steht auf einem ebenso soliden Fundament.

Wenn wir den Nationalfeiertag im Zeichen des gegenseitigen Respekts und der Sympathie für die kulturelle Identität der drei Gemeinschaften des Landes feiern, dann haben wir auch das Recht, unsere Stimme zu erheben, wenn wir der Ansicht sind, dass dieser Respekt NICHT auf Gegenseitigkeit beruht, wie wir kürzlich leider feststellen mussten. Glücklicherweise haben unsere parlamentarischen Vertreterinnen und Vertreter aller Parteien es in dieser Angelegenheit an Deutlichkeit nicht fehlen lassen. Mehr denn je sollte in Belgien also die Devise lauten: „Einheit in der Vielfalt!“.

Werte Gäste,

ein weiteres „Alleinstellungsmerkmal“, wie es heutzutage so schön heißt, des Belgiers ist sein ausgeprägter Hang zum Feiern. Selbstverständlich gilt das auch für das Volksfest heute auf dem Werthplatz. Dem Kulturellen Komitee ist es auch in diesem Jahr gelungen, ein tolles Programm mit manchen Überraschungen auf die Beine zu stellen. Den Verantwortlichen möchte ich hierfür ein großes Lob aussprechen.

Vor allem aber danke ich Ihnen Allen für Ihr Kommen und für Ihre gelebte Solidarität mit unserer schönen und sympathischen Stadt Eupen.

In diesem Sinne bitte ich Sie, mit mir auf die Gesundheit der Königlichen Familie und auf das Wohlergehen Belgiens einzustimmen:

“ Es lebe der König! – Vive le Roi! – Leve de Koning! „